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Klaus Barski, Autor |
. Buch
(05/08) Verlag:
éditions trèves Taschenbuch ca. 191
Seiten ISBN-10:
388 081 502X Euro 11,50 Die
"Blutzeitung" ist die mitreißend-irre Geschichte eines Protagonisten
von ganz unten. Der Kopfschlachter, ein Hobbyfotograf, kommt durch einen
Zufall in Berührung mit einer aufstrebenden Anzeigenzeitung, die einen
Aushilfsbildreporter sucht. Aufgrund seiner erfolgreichen Tätigkeit wird er
etwas später hauptberuflich von dieser ungewöhnlich schnell expandierenden
Zeitung, die zur Tageszeitung wird, übernommen. Als Sensationsreporter des
maßlosen Boulevardblattes beteiligt er sich mehr und mehr an
unverantwortlichen, auflagenstärkenden Meinungsmanipulationen. Aus Gewissengründen
wird er, der ehemalige "Schweinemörder", zum Gegner und Opfer
dieser menschenverachtenden Presse. Die engagierte, bizarre Abenteuerstory
läuft in Frankfurt City und im karibischen Fluchtexil. ----Ganzseitig
im Rheinischen Merkur 11/2006 von Hans Schiemann----
Barski hat seinen
hoffnungsblauen Rolls-Royce aus Florida, wo er vergebens erwartet hatte,
Honorarkonsul zu werden, an einen deutschen Promi-Chirurgen verkauft. Der
Lancia-Zweitwagen ging auch gleich weg. Fährt jetzt bürgerlich Mercedes, und diesen
einen nur. Barski hat sein Appartement in Cannes in Maklerhand gedrückt, hat
die Eine-Million-Dollar-Kauf-offerte für eine Suite in Nizza ausgeschlagen.
Behält aber seine Mietshäuser am Mainufer, auch die Villa im Promi-Städtchen
Königstein. Ab sofort macht Barski Last-Minute-Reisen: nach Paris für 20 Euro
oder nach Krakau für neun. Neulich hatte er Wasserrohrbruch, und die wacklige
Computerfestplatte wurde von Viren kahlgeknuspert. Das letzte Kapitel für
seinen sechsten Roman, „ein geiles Ding gegen die Machenschaften der
Boulevardpresse“, schienunrettbar verloren.
Ausgerechnet Klaus Barski, dem skurrilen Millionär, der
ein Paperback-Backwerk nach dem andern herunterschriftstellert, von Versagern
und Helden, in der Sprache der Straße, schrill, ungehobelt, von keinem Lektor
zu literarischer Noblesse genötigt? Dem Parvenü aus Bremen-Vegesack, der mit
dem Unvermögen zu schreiben kokettiert, obwohl er die Lebenshochschulreife
mit Bravour bestand und daher die Leute von Aussteiger bis Zocker authentisch
zu schildern versteht? Der nicht weiß, wohin mit der Kohle, aber postpubertär
zu Buchvorstellungen falsche Dollarnoten regnen ließ, mit Promis wie Burkhard
Driest auf Ibiza Party machte, den Roman „Lebenslänglich Côte d‘Azur“ mit
Lavendelduft olfaktorisch aufpeppte? Der als Gleichstellungsbeauftragter in
eigener Sache sein Œuvre mit dem von Thomas Mann und Günter Grass verglich,
seinen Fans indes als kultiger Luther der Literatur erscheint, weil er sogar
die neue deutsche Unterschicht zum Lesen leitet – etwa der?!
Rolls weg, Rohrbruch, ruinierte Festplatte– Barski ist
wohl auf den Bauch gefallen? Nö, sagt Barski tonlos, aber mit Ostfriesenfeuer
in den Augen hinter der Goldrandbrille. Nö, gaaar nich. Kein erregt
vorgetragenes Wortstakkato ohne Punkt und Komma mehr. Barski sitzt in seiner
Villa im antiken Schlitzohrensessel und lässt sich die Wahrheit aus der Nase
pulen. Dreiundsechzig sei er nun und mit 30000 verkauften Büchern ein
gefragter Autor immerhin. Dieses Ballermanngehabe mit den Reichermann-Insignien,
einst gut und nötig fürs erfolgreiche Selfmarketing, nö, das habe er im
Gefühl der verdienten und gerechtenRuhe abgelegt. „Ich bin als Autor eine
Riesenrunde weiter“, zelebriert er die neueBescheidenheit. „Ich bin längst
weg von der gehobenen Unterhaltungsliteratur. Ich strebe zur politisch
engagierten, abenteuerlichen Attackierstory.“ Ich, ich, ich!
Supersohn im Virenkampf
Plötzlich springt er auf, ganz der alte Angeber, und
doziert norddeutsch nasal: „Mein neuer Roman ,Die Billig-Zeitung' wird das
engagierteste, brutalste politische Buch des kommenden Jahres. Och nö, des
Jahrzehnts!“ Denn das Manuskript konnte gerettet werden: Von der vervirten
Festplatte hat Sohn Konrad das frisch getippte Kapitel runtergebeamt. Als
promovierter Arzt und Medizin-Software-Experte nachDaddy-Alarm aus Washington
eingeflogen, hilft Supersohn doch gern zu Hause aus.
Womöglich hat er, der blutgewohnte Doktor, nebenbei was
vom Inhalt mitgekriegt, jene bizarre Szene im dumpf stinkenden Mordbetrieb
eines mexikanischen Schweineschlachthauses vielleicht, wo Herden hysterisch
quiekender, angstverschissener Tiere nach der Exekution im Rhythmus der
heruntergeleierten Musik einer Mariachi-Band enthäutet werden.
Nicht anders, sagt Barski, als im Menschenschlachtbetrieb
unserer Boulevardpresse, deren Gier auf die Filetstücke von Brutalität, Neid,
Eifersucht und Schadenfreude Barskis Held Bernd Behr bedient. Der schuftet
als Akkord-Kopfschlachter in einer deutschen Wurstfabrik, macht Hobbyfotos
für die Mitarbeiterzeitung, tippt bald auch Bildunterschriften und
Kurzmeldungen. Darin beweist er Talent, wird von einemprofitgierigen Verleger
abgeworben: „Behr, der brutale Schweinekiller, ist der richtige Mann für
mich!“ Behr arbeitet sich zum Groschenblattschreiber hoch, wo er mit der aus
dem Schlachthaus gewohnten Messerschärfe und Rücksichtslosigkeit
dieMachenschaften der Wurstverdauungsgesellschaft seziert.
Mit Behr als rücksichtslos recherchierendem
Sensationsreporter und einem Verleger, der „noch billiger, noch gemeiner sein
will als Deutschlands mächtigste, blutrote Meinungskeule“, expandiert die
Anzeigenpostille „Billig-Zeitung“ zum täglicherscheinenden Massenblatt.
Zunächstgenießt Behr den Rausch des Ruchlosen, wird aber vom Gewissen
eingekreist, streckt das Messer gegen den bösen Boss und dessen metastatisch
wucherndes Meinungsmonopol, rächt sich an dem Blatt, das andere manipuliert,
das Gemeinwohl schädigt und Individuen kaputt macht, indem er heimlich die
eigene, geläuterte Textversion ins Blatt hebt. Aber Problem-Behr wird
erwischt, fliegt raus. Der Ex-„Schweinemörder“ wird selbst zum Gejagten der
menschenverachtenden Presse. Flüchtet aus Frankfurt in die Karibik, hat nur
die eine Chance zur Revanche.
„Billig-Zeitung“? Ist es Barski selbst, der sich im
gewohnt schrillen Stil, aber mitneuer, feinjustierter Sprache und akribisch
recherchierten Insiderfakten an der „Bild“-Zeitung zu rächen sucht, die ihn
stets totgeschwiegen hat? Will er der neue Wallraff sein? Nö, sagt Barski nun
wieder ostfriesisch cool. „Ich schreib ja kein Sachbuch mit belegbaren Fakten
wie der. Ich hab mich nirgendwo eingeschlichen. Ich bin ein Spiegelvorhalter.
Ich hab doch keine Lust, als Feind irgendwelcher Großkonzerne zu enden, als
Schreiber vernichtet zu werden und mich am Ende aufzuhängen.“ Ich, ich, ich!
Blutstory zum Hochzeitstag
Aber es wäre an der Zeit, findet Barski, gegen die
brutalen Meinungskonglomerate in diesem Land ein kritisches Gleichnis zu
setzen. Damit scheut Barski das Risiko der Branchenächtung nicht. Nach „Der
Frankfurter Spekulant“ musste er die Fäuste der Miethaie am Main fürchten.
Nach „ExilIbiza“ die Drogennadeln deutscher Aussteiger, nach „Lebenslänglich
Côte d‘Azur“ die Schwarzgeldverprasser von Monaco.
„Und meine liebe Frau macht das alles mit“, sagt Barski.
Seine Bonnie ist eine zierliche Person mit Brille, Pony, Pferdeschwanz.
Spricht stets leise und gewählt und mit amerikanischem Akzent. Wenn Barski
bollert, wenn ihm der Kopf vor Ideen explodiert, dann zieht ein feines,
verstehendes Lächeln über ihr Gesicht.
Mrs. Barski, die studierte Literaturwissenschaftlerin,
schreibt selbst Bücher, anspruchsvolle Bücher – zurzeit einen kritischen
Frauenroman. Die Souffleuse ihres Mannes ist sie dennoch nicht. „Klaus
hateine Idee, und dann macht er das. Und er wird immer besser. Klaus liest
mir jeden Tag vor, was er schreibt, und das klingt immer so gut, so kreativ
und so neu!“ Bonnie lächelt fein. „Klaus ist, wie er ist, und das macht mir
am meisten Freude.“ Klaus, Klaus, Klaus . . .
Deshalb wohl hat Barski den konfliktbeladenen,
aufklärerischen, spannenden Schweineschreiberroman, der im kommenden Frühjahr
bei Editions Trèves, Trier, erscheinen wird, seiner Bonnie zum 40.
Hochzeitstag heute gewidmet.
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